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Yolanda Castaño - Spain Übersetzt ins Deutsche von Heidi Kühn-Bode
Ich kam hier schon sooft vorbei... und habe euch noch nie gesehen.
Wir sind gerade dabei ein ausführliches Verzeichnis aufzustellen, wie das Herbarium einer nicht voraussagbaren Konstellation. Da sind zuerst die Lilien, Schmuck herabstürzender Sterne, die Dahlien und die Chrysanthemen, auch der Mohn gehört dazu, auch die kleinen und ängstlichen Blumen haben es verdient. Die Blüte der Feige macht sich kaum bemerkbar. Die büchertauglichsten von allen, die Blütenstände in Gruppen. Die Orchidee ist klar eine obszöne Blume, zu sehr ahmt sie nach, der Rest ist Schweigen. Der Hibiskus voller Launen und Redensarten für den Nachmittag. Die Hortensien: sagt mir, wie glücklich ich dort war. Da sind die Schwertlilien, der Lavendel, die sogenannte Teerose. Und dann gibt es die Magnolie, die, wie ihr Name sagt, wohl einst Wahrzeichen zur Zeit einer Mongolenherrschaft war. Der Drachenwurz, die Anemonen kriegserfahrene Vorboten des Rhododendron. Danach kommen die aufzuzeichnenden Wunder aus entlegenen Gebieten, Wie die unaussprechliche Blüte des Chilamatebaums, die man spürt, aber nicht sieht, wie eine tiefe Liebe, die aus den Knien aufsteigt wie ein Tosen. Es gibt weiße Seerosen, Chinarosen, Löwenzahn. Wir haben auch Kosmos, den Zufall und Gedanken, aber das sind schon eher Begriffsblüten. Die Passionsblume ist wie die Krone einer Antwort, der Baldachin einer Überlegung. Es gibt Blumen, die für immer den Namen des Auges tragen, das sie zuerst erblickte. Flieder, Ringelblumen, Bartnelken. Ich kann die Mimosen nicht vergessen, ein Schwarm kleinster Mahnungen, nicht meine absolut verwöhntesten: der schamlose Duft der Bougainvillea.
Aber, wie ich euch schon sagte, ich weiß nicht... es ist merkwürdig, ich kam hier schon sooft vorbei und, nein, ich habe euch nicht gesehen, noch nie.
German translation by Manfred Bös
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GESCHICHTE DER VERWANDLUNG
Es war zunächst eine Verwirrung, eine schmerzhafte Abstinenz als Kind wir waren arm und ich hatte nicht mal das rachitisches kleines Ding schwächlich bevor ich da war Bitterkeit darbende Entbehrung eine Parabel von Komplexen ein Syndrom ein Gespenst (unheilvoll zu gleichen Teilen entbehren oder lamentieren) Schattenriff das meine Ketten zerbricht. Es war zunächst eine entweichende Kieme die mich nicht glücklich machen wollte mich mit ihrem Hauch berührte ich bin das gewöhnlichste Gesicht im Schulhof das ordinäre Gesicht das nichts in das Nichts sät du hast es oder du hast es nicht gibs auf schlucks runter Raben die Wolken verdunkeln eine Verurteilung zur ewigen Kälte ein geduldiger Nordwestwind eine private Entbehrung (Schülerin einer Klosterschule die ich war die werden alle magersüchtig oder Leseben Lesen lernen blutende Ellenbogen Blut in den Köpfen im Bewusstsein oder in den Mösen) Ich schloss die Augen und wünschte mir mit ganzer Kraft ich könnte mich wirklich und endlich in die verwandeln die ich war.
Aber Schönheit verdirbt. Schönheit verdirbt. Schattenriff das meine Ketten abnutzt. Die Morgenfrühe triumphiert und die Kehle birgt eine Vorahnung. Armes Dummerchen! ...du warst besessen davon dich mit Kreuzen zu bedecken statt mit ihrem Inhalt. Es war ein langsames und atemberaubendes Aufknospen der Blumen im Winter Die Flüsse sprudelten nach hinten und lösten sich in rosa Wasserfälle Insekten und Schnecken wuchsen mir aus den Haaren Das Lächeln meiner Brüste verschaffte den Flugzeugen Kraftstoff Schönheit verdirbt Schönheit verdirbt Die Glätte meines Leibes begleitete den Frühling die Schnecken quollen aus meinen so kleinen Händen meine allerhöchste Schmeichelkeit zwicktt mich im Ventrikel und ich wusste nichts mehr anzufangen mit so viel Licht in so viel Schatten.
Sie sagten zu mir:”deine eigene Waffe wird deine eigene Strafe sein” sie spuckten mir meine eigenen Tugenden ins Gesicht in diesem Club sind Mädchen mit rot geschminkten Lippen nicht erwünscht ein schmutziges Meerbeben ein Wucher von Perversion der mit meiner Wimperntusche nichts zu tun haben kann die Mäuse kletterten in mein Zimmer beschmutzten die Schubladen der weissen Wäsche literweise rostiges Eisen Pech sind heimlich auf der Lauer literweise Kontrolle literweise Literweise Verleumder kiloweise erhebt sich Misstrauen allein mit der Spannung meiner erhobenen Augenbrauen müsste man deine Hände fesseln dir eine graue Gestalt zuteilen und deine Züge mit Säure löschen mich selbst aufgeben um Schriftstellerin zu sein? sie dämonisierten das Elegante und Schlanke meines Halses und die Art in der mein Haar im Nacken spriesst in diesem Club sind schön hergerichtete Mädchen nicht erwünscht Wir trauen dem Sommer nicht Schönheit verdirbt. Pass nur auf ob sich das für dich lohnt.
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Yolanda Castaño (Santiago de Compostela, Spain, 1977).
BA in Spanish Language and Literature and with Media Studies, apart from being a poet, editor and an very active culture manager, Yolanda Castaño has been a columnist and has worked in Galician TV during many years (Galician Audiovisual Academy Award as ‘Best TV Communicator 2005’). She has published 6 poetry books in Galician and Spanish (“Depth of Field”and “The second tongue” are her last titles), several chapbooks and a pair of compilations. She has won poetry awards amongst which the National Critics Award, the Espiral Maior Poetry Award, the Fundación Novacaixagalicia, the Ojo Crítico (best poetry book by a young author in Spain) and the Author of the Year Galician Booksellers’ Award stand out. She is a relevant cultural activist, regularly organizing monthly poetry reading series, festivals, literary and translation workshops, all of them hosting local to international poets (Galician Critics’ Award Best Cultural Manifestation 2014). She was the General Secretary of the Galician Language Writers Association and she has made her contribution to many written media, books, anthologies, conferences and many readings or multimedia poetry performances inside and outside Galicia, including many international poetry festivals and meetings, mostly around all Europe and America but also in Tunisia, China and Japan. She has coordinated collective books, art and poetry exhibitions, she has published works as an editor, as well as five poetry books for children and four of translations (from contemporary authors like Nikola Madzirov or Marko Pogačar, among others, into Spanish and Galician). She has been involved in many different experiences of blending poetry with music, performance, dance, architecture, visual and audiovisual arts, and even cookery, being awarded for that too. Some of her poems have been published translated into twenty languages. She held three international fellowships as a writer-in-residence, at the IWTCR in Rhodes (Greece) and in Villa Waldberta (Munich - Germany) in 2011, and at the HIP-Beijing (China) in 2014.
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